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Archivalie der Woche 298 - Sühnebrief von 1309

Ein Mord, eine Fehde und die Suche nach Frieden – so könnte die Urkunde überschrieben sein, die am 31. Januar 1309 ausgestellt wurde.
Die Limburger Brüder Heynemann genannt Bircheline, Richelmann und Johann hatten den Ritter Diether Schudebudel ermordet. Dessen Verwandte sagten deshalb der Stadt und ihrem Stadtherrn die Fehde an. Bei der Fehde handelte es sich im Mittelalter um ein rechtmäßiges Instrument der Konfliktaustragung. Dabei waren von den Parteien bestimmte Regeln zu beachten. Dazu zählte etwa die Beschränkung der Kampfhandlungen auf Montag bis Mittwoch, außerdem durften Geistliche, Pilger oder Personen, die sich an geweihten Orten befanden, nicht angegriffen werden. Eine unabhängige Instanz wie ein Gericht wurde nicht einbezogen.
Die Sühne beschlossen auf der einen Seite Graf Eberhard I. von Katzenelnbogen, Diether Füllen, Bruder des Ermordeten, Dammo, Sohn des Ermordeten sowie die Brüder Siegfried, Walter, Gathir und Franko, Söhne des verstorbenen Ritters Hermann von Hohenstein. Auf der anderen Seite standen Johann I., Herr von Limburg, und sein Sohn Gerlach II. sowie die Stadt. Die Adligen und Ritter erklärten den Konflikt für beigelegt, unter der Bedingung, dass sich die eigentlichen Täter außer Landes begeben und sich für ein Jahr in überseeischen Gebieten aufhalten. Ein weiterer Beteiligter musste sich auf eine Wallfahrt nach Rom und Santiago de Compostella begeben. Falls diese Bedingungen nicht erfüllt werden, werde man ihnen „an Vermögen und Leib“ gehen.
Der Text der lateinischen Urkunde lautet (übersetzt von Josef Wingenbach) so:
Wir Eberhard Graf von Katzenelnenbogen, ich Diderich genannt fulen Ritter, Bruder des weiland Dyther seligen Angedenksn genannt Schudebudel, ich Dammo Sohn selben Dythers, auch ich Sifrid, Walther, Cathir und Franco Brüder, Söhne des weiland Ritters Hermann von Haynstein wünschen zu allgemeiner Kenntnis zu bringen und erklären in vorliegendem Schriftstück öffentlich, dass wir für uns und alle unsere Blutsverwandten, Freunde, Mithelfer und an diesem Streit Beteiligten über die Streitfrage, den Hader und die Zwietracht, die zwischen uns, unseren vorgenannten Verwandten, Freunden, Mitbeteiligten und Helfern auf der einen Seite und dem edlen Mann Herrn Johann Herrn von Lympurg, Gerlach seinem Sohn, ihren Burgmannen, Schöffen, der gesamten Bürgerschaft von Limpurg, sowie ihren Freunden auf der anderen Seite entstanden sind wegen des Mordes an besagtem Dyther seligen Angedenkens durch die Brüder Heynemann genannt Bircheline, Richelmann und Johann aus Limpurg und wegen der mir vorgenannten Sifrid von ihnen zugefügten Kränkung, ferner über alle wegen besagten haders und Streites uns gemeinsam oder einzeln zugefügten Schädigungen durch Brandlegung, Gefangensetzung, Erpressung, Raub oder alle andere Kränkung und Bedrückung mit selbem Herrn von Limpurg, seinem vorgenannten Sohn und den Burgmannen, den Schöffen, den Bürgern, sowie allen ihren vorgenannten Freunden durch eine freundschaftliche und rechtsgültige Versöhnung vollkommen geschlichtet sind unter Ausschluss von allem Arg und Trug. Wir verzichten ehrlich und ohne Trug auf obengenannten Streit, Hader, Zwietracht und Tätlichkeit, sowie auf alle oben angegebenen Schädigungen, die wir wegen der erwähnten Zwietracht und Tätlichkeit erleiden mussten. Wir haben auch versprochen und versprechen in vorliegender Urkunde ohne allen Trug durch einen körperlichen und öffentlich geleisteten Eid, besagte Versöhnung ohne Arg und Trug, dauernd, in vollem Umfang und unverbrüchlich zu halten. Wenn aber jemand diese Versöhnung vielleicht nicht anerkennen und unseren Mahnungen und Bitten kein Gehör schenken wollte, dem wollen und sollen wir weder mit Rat noch Tat beistehen und versprechen dieses unter Eid. Diese Sunne [=Friedensvergleich, Versöhnung] aber ist geregelt durch folgende Buße: Jene drei vorgenannten Brüder Heinemann, Richelmann und Johann sollen sich im März oder in der dem Fest des hl. Bartholomäus [=24. August] unmittelbar anschließenden Zeit kommenden Jahres, falls sie nicht körperlich behindert sind in überseeische Gebiete begeben, dort ein volles Jahr und einen Tag bleiben und darüber zuverlässige Zeugnisse erbringen; andernfalls werden wir gegen ihre Personen einschreiten und an ihr Vermögen gehen, falls ihnen solches nach dieser Buße noch verbleibt oder ihnen testamentarisch zufallen kann. Dabei sollen uns helfen die vorgenannten edlen Männer, die Herren Heinrich, Gerlach, Emecho und Johann Grafen von Nassau, Herr Johann von Limpurg und seine ganze Stadt. Wenn aber selbe drei Brüder aus rechtmäßigem zwingendem Grund an den beiden Terminen nicht über See fahren könnten, alsdann werden sie hier am Meer bleiben, bis ihnen die Fahrt über See möglich ist, und werden dadurch ihrer Buße keinen Eintrag tun. Außerdem muss Heynrich genannt Herstuhl innerhalb eines Jahres vom Datum dieses Schriftstücks an zur Buße nach Rom und Santiago wallfahren, andernfalls werden wir ihm an Vermögen und Leib gehen unter Mithilfe oben genannter Herren Grafen von Nassau, des Herrn von Limpurg und seiner ganzen Stadt. Damit wir aber besagte Sunne, sowie alles und jedes Vorgenannte treu und unverbrüchlich einhalten, haben wir obengenannter Graf Eberhard unser Siegel zusammen mit den Siegeln der vorgenannten edlen Männer, der Herren Gerlach, Heynrich, Emecho und Johann Grafen von Nassau, des Junkers Godefrid Grafen von Dytse, des Herrn Johann und seiner Stadt von Limpurg, die auf unser Bitten an dieses Schriftstück angehängt sind, an vorliegende Urkunde zum Zeugnis anbringen lassen. Und wir vorgenannte Besiegler bestätigen, dass wir auf Bitten des Herrn Grafen Eberhard wobei der anderen oben genannten unsere Siegel zum Zeugnis an vorstehende Urkunde angehängt haben. Unter diesen Siegeln verpflichten wir vorgenannten, ich Diderich, Damo, Sifrid, Walther, Gathir und Franco uns ohne Trug auf das Vorstehende. Geschehen und gegeben im Jahr des Herrn 1309 am Freitag vor dem Feste Mariä Reinigung.

06.04.2025 

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