Der Herausforderung Starkregen stellen
Starkregen hat im vergangenen Jahr Anfang Mai in Limburg, vor allem in den Stadtteilen Eschhofen und Dietkirchen, für überschwemmte Straßen, vollgelaufene Keller, Schäden an Wohnungen und viel Schlamm gesorgt. In den folgenden Wochen und Monaten drehten sich die Fragen nicht nur darum, wer für die Schäden aufkommt, sondern auch darum, wie sie sich in Zukunft reduzieren oder vermeiden lassen. Die Stadt verbessert die Ausrüstung der Feuerwehren und lässt Starkregengefahrenkarten erstellen, doch vermeiden lassen sich solche Ereignisse nicht.
Das geht aus einem Bericht des Magistrats hervor, der an die Stadtverordnetenversammlung weitergeleitet wurde. Darin werden auch verschiedene Anfragen von Stadtverordneten beantwortet, die im Anschluss an die Starkregenereignisse und den damit verbundenen Folgen am 2. und 3. Mai vergangenen Jahres aufgekommen waren. Die Stadtteile Eschhofen und Dietkirchen hatte es am stärksten getroffen, wobei die Situation durch Wasser- und Schlammmassen, die von den höher liegenden landwirtschaftlichen Flächen in die bebauten Areale einströmten, noch verstärkt wurde.
Unwetterintensität nicht kalkulierbar
Naturereignisse lassen sich nicht verhindern, das macht der Magistrat in seinem Bericht deutlich. „Und gerade Starkregenereignisse stellen dabei ein nur schwer zu kalkulierendes oder vielmehr unkalkulierbares Überschwemmungsrisiko dar“, verdeutlicht der 1. Stadtrat Michael Stanke. Mit diesem Risiko verbunden können hohe Sachschäden einhergehen. Die Grenzen eines Schutzes vor Ereignissen, die die Natur hervorbringen kann, werden jedoch schnell erreicht. Das vorrangige Ziel durch mittel- und langfristige Maßnahmen ist daher vor allem der Schutz des Lebens.
In dem Bericht unterstreicht der Magistrat, dass die Art des Anbaus auf den Feldern, das Vorhandensein von Mulden oder sogar Rigolen sowie bestehende Feldgehölzstreifen positive Auswirkungen auf das Abflussverhalten von Regenwasser haben, also den Abfluss zeitlich verzögern bzw. strecken. Auch das Erosionsverhalten des Bodens wird positiv beeinflusst, der Abtrag verringert sich. Aufgrund der langfristigen positiven Wirkung sollte eine Feldbewirtschaftung mit zu einer besseren Bodenabdeckung und das Anlegen von Feldgehölzen verfolgt werden, so die Empfehlung. Allerdings verpufft diese Auswirkung bei einem Starkregenereignis weitgehend, denn die Kombination aus der Intensität des Regens und der Regendauer führt bei solchen Ereignissen zu Wassermengen an der Oberfläche, die nicht mehr zu kontrollieren sind.
Das ist auch bei den bestehenden Entwässerungseinrichtungen wie unterirdischen Kanälen, Gräben an der Oberfläche und deren Einlauf- und Durchlassbauwerken der Fall. Die Instandhaltung dieser Einrichtungen ist für einen guten Ablauf des Wassers unerlässlich. Allerdings sind die Systeme für "normale" Regenereignisse bemessen. Was dabei als ausreichend für die Systeme angesehen wird, orientiert sich an allgemein anerkannten Regeln, die auf technischen und wirtschaftlichen Überlegungen basieren.
Treten jedoch "seltene", "außergewöhnliche" oder auch "extreme" Niederschlagsereignisse auf, kommt es stufenweise zur Überlastung oder sogar zum Versagen der bestehenden Systeme. Wenn der Abfluss bei einem Starkregenereignis die bestehenden Kapazitäten der Entwässerung übersteigt, sucht sich das Wasser, dem Gefälle des Geländes folgend und sich in Mulden ansammelnd, seinen Weg immer talwärts. Dieser sogenannte "Wilde Abfluss" führt dazu, dass tiefer gelegene Bereiche wie Keller oder Tiefgaragen, aber auch ganze Ortsbereiche schnell geflutet werden können.
Starkregengefahrenkarte soll Erkenntnisse liefern
Nach Angaben des 1. Stadtrats hat die Stadt die Erstellung von Starkregengefahrenkarten in Auftrag gegeben, um zu untersuchen, wo und wie möglichst effektiv gehandelt werden kann. Das Erstellen der Karten wird vom Land gefördert. In der ersten Phase zur Erstellung der Gefahrenkarten werden die Abflussvorgänge bei einem Starkregenereignis untersucht. Daraus werden Gefahreninformationen gewonnen, wie zur Ausbreitung der Überflutungstiefe und der Fließgeschwindigkeit. Aus diesen Informationen lässt sich ermitteln, wo sich gefährdete Standorte befinden und welche Risiken dort bestehen. Im Laufe dieses Jahres werden im Rahmen der Erstellung dieser Gefahrenkarten die Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen.
In der Risikoanalyse aus der zweiten Phase wird unterschieden zwischen Schadenskategorien, ob im Bereich etwa „nur“ Sachschäden zu erwarten sind oder Gefahren für Leib und Leben bestehen, sodass die bedrohte Bevölkerung möglichst frühzeitig gewarnt werden kann. In der dritten und letzten Phase zur Erstellung der Gefahrenkarten geht es schließlich darum, Handlungskonzepte für konkrete Vorsorge- und Schutzmaßnahmen zu entwerfen, wobei die enge Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Katastrophenschutz hierbei ein zentraler Baustein ist. Auch hierbei steht der Schutz von Leib und Leben eindeutig im Vordergrund.
Stanke erinnert in diesem Zusammenhang an die Diskussion um mögliche Ursachen oder begünstigende Umstände für die mit dem Starkregenereignis eingetretene Überschwemmung in der Mühlener Straße in Eschhofen. Dabei spielte der Gehölzschnitt im Emsbach eine Rolle. Das Ereignis am 2. und 3. Mai 2024 hat dabei zu einer Neubewertung geführt. Denn in den vergangenen Jahren wurde versucht, durch Vegetation oder Totholz die Fließgeschwindigkeit des Emsbachs zu reduzieren. Damit sollte die Erosionsgefahr verringert werden. Das hatte jedoch zur Folge, dass sich das Wasser im Mai 2024 hinter dem Totholz, das als Damm fungierte, staute.
Nach den Ereignissen am 2. und 3. Mai ist oberhalb der Brücke "Zum Schwengelsberg" das neu herangeschwemmte Totholz beseitigt worden. Im Sommer sind dann weitere Abschnitte des Bachs an der Reihe gewesen. Zudem wurde die Entfernung von Totholz in allen gewässernahen Bereichen in Ortsnähe sowie die einzelne Herausnahme von abflussbehinderndem Uferwuchs beauftragt.
Das direkt im Gewässerbett des Emsbachs liegende und verkantete Totholz ist auch in der Vergangenheit immer wieder in der Limburger Gemarkung entfernt worden, zuletzt drei Monate vor dem Starkregenereignis. Aufgrund der Trockenheit der vergangenen Jahre und der niederschlagsstarken Periode seit Herbst 2023 hat die Ufervegetation jedoch ähnlich gelitten wie die Wälder. Auch an den Bächen ist verstärkter Windbruch zu beobachten, ebenso wie Entwurzelungen von Bäumen. Deshalb ist zu prüfen, ob die Häufigkeit der Kontroll- und Räumeinsätze erhöht werden muss.
Apps warnen vor
Im Zusammenhang mit Starkregenereignissen stellt sich zudem die Frage, ob davor als auch vor der möglichen Überflutungsgefahr gewarnt werden kann. „Ich habe großes Verständnis für das Bedürfnis, möglichst frühzeitig gewarnt zu werden. Doch das ist schwierig“, verdeutlicht der 1. Stadtrat. Für das Ereignis am 2. Mai lagen allgemeine Warnungen vor. Doch bis zu dessen Eintritt war daraus nicht abzuleiten, dass es sich teilweise um Sturzregen handelte und sich die räumliche Ausdehnung quasi über das gesamte Einzugsgebiet des Emsbachs erstreckte, während Nachbartäler im Taunus kaum betroffen waren.
Die Abweichungen der vorhergesagten Niederschlagsmengen sind oft sehr groß. Entsprechend schwierig ist es dann, daraus eine Überflutungsgefahr abzulesen. In der Vorlage geht der Magistrat davon aus, dass die Zeitpunkte, wann sich Wetterereignisse mit Schadenspotenzial entwickeln, grundsätzlich nicht vorhersehbar sind.
Auch wenn die Ereignisse und die sich daraus ergebende Gefährdung nicht vorhersehbar sind, gibt es dennoch die Möglichkeit, das Wettergeschehen zum Beispiel via Apps (DWD WarnWetter oder RegenRadar mit Wetterwarnung) zu verfolgen. Zur Hochwassersituation oder Hochwassergefahr bietet das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) aktuelle Daten und Prognosen zur weiteren Entwicklung an. Zudem wartet das HLNUG nach den Unwettern in Nordhessen (Anfang August 2024) mit einem "Starkregenviewer" (https://umweltdaten.hessen.de/mapapps/resources/apps/starkregenviewer) auf, der mit Hilfe einer Farbskala über das regionale Starkregenrisiko informiert. Außerdem zeigt er über Fließpfadkarten die Wege, die das Wasser nehmen wird.