Archivalie der Woche 270 - Kleiderbügel der Firma Hecht
Die heutige Archivalie der Woche ist ein Objekt: ein Kleiderbügel der Firma Hecht. Die aus Rennerod stammenden Brüder Abraham und Aron Adolph Hecht betrieben seit 1885 ein Geschäft für Manufakturwaren, also vor allem Textil-Meterware. Zunächst war die Firma in der Salzgasse ansässig und zog dann im März 1892 in das Haus Obere Grabenstraße 10 (heute: Grabenstraße 48).
In seinen Erinnerungen schreibt Sigmund Sachs über das Geschäft: „Gebr. Hecht, Damen- und Herrenkonfektion: Dieses Geschäft war an der Ecke neben der ‚Stadt Aschaffenburg‘. Es hatte zwei große Schaufenster. Die Inhaber waren zwei Brüder, schon zu meiner Zeit zwei ältere Herren. Ich habe sie immer vor ihrer Ladentür stehen sehen, wenn gegen Mittag die Züge ankamen, und sie begrüßten ihre Kunden.“
Aron Adolph Hecht starb 1928 mit 73 Jahren. Seine Witwe Lina Hecht geb. Metzger wohnte ab 1933 in Koblenz. Sie wurde im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie wenige Tage später ermordet wurde. Die gemeinsame Tochter Erna verheiratete Treidel und ihr Mann Isidor wurden 1944 in Auschwitz ermordet.
Abraham Hecht musste noch die Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung miterleben, bevor auch er 1937 im Alter von 83 Jahren starb. Seine Frau war bereits vor ihm gestorben, die beiden Kinder Julius Hecht und Flora Hecht entkamen der Verfolgung rechtzeitig ins Ausland.
Firma Gebr. Hecht wurde wie alle Unternehmen jüdischer Inhaber ein Opfer der ab 1933 von den nationalsozialisten initiierten Boykottmaßnahmen und der Einschüchterung der Kundschaft. In der Gewerbekartei ist unter dem Datum 25. September 1936 vermerkt: „besteht nicht mehr“. Der Kleiderbügel ist eine kleine Erinnerung an ein über Jahrzehnte bestehendes Geschäft, dass bis 1933 seinen festen Platz in der Limburger Wirtschaft hatte.
07.11.2024