Archivalie der Woche 258
Gebietliche Neuordnung 1974
Vor 50 Jahren entstand die Stadt Limburg! Die gilt in rechtlicher Hinsicht: Das „Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Limburg und des Oberlahnkreises“ vom 6. Februar 1974 bestimmte in § 5: „Die Stadt Limburg a. d. Lahn und die Gemeinden Eschhofen, Linter, Offheim … und Staffel werden zu einer Stadt mit dem Namen ‚Limburg (Lahn)‘ zusammengeschlossen.“ Es war also kein Beitritt der Dörfer zur Stadt, sondern am 30. Juni 1974 um Mitternacht hörten die bisherigen Kommunen auf zu bestehen und es entstand nun die neue Stadt unter dem Namen ihres größten Teils. Vorangegangen waren mehrjährige Verhandlungen über die kommunale Neuordnung in Hessen, ein Projekt, dass sich die sozialliberale Landesregierung ab 1969 auf die Fahnen geschrieben hatte (auch in anderen Bundesländern wurden Neuordnungen durchgeführt). Durch finanzielle Anreize sollte es zu freiwilligen Zusammenschlüssen kommen. So wurde Dietkirchen am 1. Oktober 1971 ein Teil der Stadt Limburg, Ahlbach und Lindenholzhausen folgten am 31. Dezember 1971.
Bis 1974 sollte das Projekt abgeschlossen sein. Es gab viele Ideen und Vorschläge, etwa die Einbeziehung von Dehrn, Elz und Diez in die Stadt Limburg. Mit den Gemeinden Eschhofen, Linter, Offheim und Staffel kam es zu keiner Einigung, so dass das Gesetz dies regeln musste (s.o.).
Aus der Akte StALM II/133, der heutigen Archivalie der Woche, geht hervor, dass zahlreiche Vorarbeiten zu leisten war, um die Reform durchführen zu können, ohne dass es zu Problemen wegen Ausfall der Entscheidungswege und Verwaltungen kam. Bürgermeister Kohlmaier setze im Oktober 1973 eine Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung unter Leitung von Oberamtsrat Hermann Böcher ein. In den Sitzungen ging es u.a. um Übernahme von Gemeindebediensteten, insbesondere der Bürgermeister, Schaffung neuer Büroräume im Rathaus oder Weiterführung der Kassengeschäfte. Wichtig war auch die Einsetzung von Beauftragten für die Aufgaben der Stadtverordnetenversammlung und der Gemeindevertretungen sowie des Magistrats und der Gemeindevorstände, denn auch diese gewählten Gremien hörten mit dem Zusammenschluss auf zu bestehen.
Interessant ist der Aktenvermerk Bürgermeister Kohlmaiers, der aus der Zeitung von einem Beschluss der Linterer Gemeindevertretung erfuhr, noch im März 1974 den Bau eines Hallenbades zu beschließen und der deshalb Landrat Heinz Wolf aufforderte, dagegen einzuschreiten. Er sah eine große finanzielle Belastung für die künftige Stadt Limburg. Gerade in Linter scheint die Skepsis gegen die kommunale Neuordnung groß gewesen zu sein, wie aus einem offenen Brief des Bürgermeisters Willi Lehnes und des Vorsitzenden der Gemeindevertretung Klaus Meyer vom 20. Juni 1974 zu ersehen ist. Darin betonen sie, alles gegen die Einbeziehung Linters in die Neuordnung unternommen zu haben, ohne Erfolg. Sie betonen die Leistungen der Gemeinde in den zurückliegenden Jahren und formulierten ihre Befürchtung, die neuen Verhältnisse seien zum Schaden Linters. „Daher distanzieren wir uns erneut von der gesetzlich aufgezwungenen Regelung und lehnen es ab, Verantwortung für die nachteiligen Folgen zu übernehmen.“
Allen Vorbehalten und Widerständen zum Trotz wurde die neue Stadt Limburg mit dem 1. Juli 1974 Realität und besteht als solche nun 50 Jahre.
Literaturhinweis:
Johannes Koenig, „Wie ein Magnet zieht Limburg“. Die Eingemeindungen von Ahlbach, Dietkirchen und Lindenholzhausen im Jahr 1971, in: Limburg im Fluss der Zeit. Schlaglichter aus 1100 Jahren Stadtgeschichte. Limburg 2010, S. 695-729. (Beiträge zur Geschichte der Kreisstadt Limburg a. d. Lahn 1).
30.06.2024