Neue Kita in Dietkirchen: Dach wird Lebensraum
Wenn es um Dächer geht, dann sind die Dachdecker die Handwerker mit den entsprechenden Fachkenntnissen. Manchmal bereiten sie auch Dächer vor, auf denen dann Gärtner im Einsatz sind. Dachbegrünung ist ihr Einsatzgebiet. Und deshalb waren sie auch auf dem Dach der neuen Kindertagesstätte in Dietkirchen, um zu säen und zu pflanzen.
Steinkraut, verschiedene Nelkenarten, Fingerkraut, Zypressen-Wolfsmilch und vieles mehr befinden sich inzwischen auf zwei der vier einzelnen Flachdächer. Auf die zwei anderen Flachdächer kommen Photovoltaikanlagen. Wie Lars Longen, stellvertretender Abteilungsleiter der Stadtgärtnerei, mitteilt, sind zwei Dächer mit sogenannten Sedum-Pflanzen bestückt worden. Diese Dickblattgewächse zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr genügsam sind und Trockenheit gut aushalten. Sie gehören zur Gattung der Sukkulenten.
Natürlich finden sich auf den Dächern keine Tiefwurzler oder Pflanzen, die mächtig in die Höhe wachsen. Was dort gepflanzt wurde, bleibt meist doch recht niedrig. Dennoch kommt es zu einer gewissen Vielfalt auf den begrünten beziehungsweise bepflanzten Dächern. Neben den verschiedenen Dickblattgewächsen finden sich dort auch Kräuter- und Gräservegetation. Die verschiedenen Pflanzen erfordern auch einen unterschiedlichen Untergrund. Manchmal reicht eine Höhe des Substrats, in das die Pflanzen kommen, von sechs Zentimetern, für Gräser und Kräuter muss es jedoch mehr sein. Dort wird das Substrat bis auf eine Stärke von zwölf Zentimetern angehäuft.
Frei von Vegetation
Die gezielte Auswahl berücksichtigt auch Pflanzen,die Bedeutung als Futter für Insekten und Vögel besitzen. Der Lebensraum auf dem Dach ähnelt in seinen Standortbedingungen der natürlichen Trockenrasen-Vegetation. Aus dieser Florengesellschaft werden daher auch Arten auf dem Dach angepflanzt.
Immer wieder gibt es auf den bepflanzten Dächern auch Bereiche, die bewusst freigehalten werden von Vegetation. Sandlinsen und Beete aus Grobkies sind eine wichtige Bereicherung für das Biotop auf dem Dach. Sie dienen Insekten und anderen Dachbewohnern als Versteck oder auch als Brut- und Sonnenplätze. Genauso wichtig sind Bereiche, die bewusst so ausgestattet sind, dass sich dort Wasser sammeln kann. Unter den kleinen Mulden an der Oberfläche befindet sich Folie, die mit Sand abgedeckt ist. Diese zeitlich begrenzten Wasserflächen sind wichtig für Insekten und Vögel.
Morsch und verwittert
Um die Lebensbedingungen für Wildbienen und Schlupfwespen im dem Biotop Kita-Dach zu verbessern, sind dort Insekten-Nisthilfen zu finden. Sie sollen dazu beitragen, einedauerhafte Ansiedlung von Insekten auf dem Dach zu erreichen. Wie Lars Longen erläutert, sind die Nisthilfen von den Kindern aus der Schule in Eschhofen gebaut worden. Sie haben sie in Verbindung mit der Umsetzung des Dorfplatzprojekts direkt neben der Schule gefertigt. Durch das Anbringen der Nisthilfen und deren einsetzende Besiedlung lässt sich nach Angaben von Longen auch feststellen, ob sich die Artenvielfalt in diesem Lebensraum positiv entwickelt.
Der alte Kindergarten ist längst entsorgt, dennoch haben es Teile der Geräte des ehemaligen Spielplatzes auf das Dach der neuen Einrichtung geschafft. Voraussetzung dafür war, dass sie morsch und verwittert sind. Auf dem Dach der neuen Einrichtung sind sie als kleine Totholzhaufen zusammengefügt und dienen den Vögeln als Sitzplatz, Singwarten und Nahrungsbiotopen. Auch andere Lebewesen wie Moose, Flechten, Pilzen, Käfern, Ameisen und solitären Wildbienen oder Wespen dient das Totholz als Lebensraum.
Dach mit vielen Vorteilen
Die Förderung der Biodiversität ist ein wichtiges Ziel einer Dachbegrünung. Gleichzeitig sieht Longen noch weitere Vorteile. Ein Gründach öffnet zu einem bestimmten Maß versiegelte Flächen. Die Dachbegrünungen helfe zudem bei der Kühlung der Umgebung, was zu einer Verdunstungskälte im Hochsommer führt und gleichzeitig dafür sorgt, dass das Dach durch Substrat und Bepflanzung schon von alleine dämmt und damit weniger Dämmstoff eingebaut werden muss. Das bepflanzte Dach hält außerdem UV-Strahlung vor der Bausubstanz ab und bindet CO2. Und dann wirkt das Dach bei Regen auch noch wie das Schwammstadtprinzip. Das Regenwasser wird gebunden und fließt weniger schnell ab, was die Kanalsysteme entlastet.
„Gut für die Umwelt, gut für die Geldbörse und gut für den Menschen“, lautet die Einschätzung des Fachmanns aus der Stadtgärtnerei.