Zur Einweihung der Synagoge
Ein Gotteshaus, ein Haus des Herrn zu gründen,
Der längst gehegte Wunsch, er ist erreicht;
O! mögt ihr darin Trost und Ruhe finden,
Wenn das Gebet empor zum Himmel steigt.
Die alte Kirche in dem Christenthume
Erbaute einst zur Andacht dieses Haus.
Hier goß beim Opfer zu den Höchsten Ruhme
Der Priester dieser Kirche Segen aus.
Der neuen Kirche Christi übergeben.
War hier ein and’rer Gottesdienste gelehrt,
Auf and’re Art die Herzen zu erheben,
Ward doch damit derselbe Gott verehrt.
Nun lassen in den schlichten heil’gen Hallen,
Mit einem andern Kleide angethan,
Die Kinder Israels die Thora schallen
Und beten Gott nach Mosis Lehre an.
Hier steht der Mensch und möchte sinnend fragen,
Wie wird ein Gott am Würdigsten verehrt?
Ließ er untrüglich seinen Willen sagen?
Hat Menschenweisheit euch den Dienst gelehrt?
Wie können Formen einem Geist gefallen,
Der nur auf’s Innere, die Herzen, sieht?
Wozu nützt ein gedankenloses Lallen,
Wenn nicht das Herz in frommer Andacht glüht.
Wie stimmt in diesem geistigen Verehren
Der Glaube aller Völker überein,
Drum soll der äuß’re Prunk uns nicht bethören,
Drum laßt uns Christen, Juden, Türken sein.
Wir glauben All‘ an einen Gott der Liebe,
Und hoffen einst auf eine Seligkeit,
Die Vorurtheile hemmen uns’re Triebe
Und lenken ab vom Pfad zur Einigkeit.
Der Glaube erndtet in verschloss’nen Zonen,
Die Hoffnung keimt auf kaum besätem Feld,
Die Liebe waltet da, wo Menschen wohnen,
Und stempelt schon zum Paradies die Welt.
Drum laßt uns fest an dieser Liebe halten,
Sie ist der Menschheit köstlichstes Gewand,
Und eingehüllt in seine weiten Falten
Reicht sich der alt‘ und neue Bund die Hand.
Erfüllt sich euer längst gehegtes Hoffen,
Trifft der erwartete Messias ein,
Er wird, wie auch der uns’re, klar und offen
Ein Lehrer reiner Menschenliebe sein.