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Archivalie der Woche 203

Bischöfliches Schreiben betr. Wahl zur Nationalversammlung 1848

Vor wenigen Tagen jährte sich der erste Zusammentritt der Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche zum 175. Mal. Vorausgegangen war die Märzrevolution, zu deren wichtigster Forderung die Wahl einer Volksvertretung zählte. Auch in Limburg wurde dies umgesetzt.
Der Stadtvorstand beabsichtigte, den Dom als Wahllokal zu nutzen und richtete einen entsprechenden Brief an Bischof Peter Josef Blum. Der zeigte sich von der Idee wenig begeistert, war aber kompromissbereit. In seinem Antwortschreiben heißt es: „Auf das … Gesuch eröffne ich mit Zustimmung des hochwürdigen Domcapitels, welche bei der Bescheidung desselben rechtlich interessiert ist, dem Stadtvorstande Folgendes: Mir und dem hochwürdigen Domcapitel hat die Anerkennung des Grundsatzes zur Befriedigung gereicht, daß die Ortsvorstände in keiner Weise zur Dispositon über die katholischen Kirchen befugt sind, und daß eine Benützung der hiesigen, dem Bisthum Limburg eigenthümlich gehörigen Domkirche zu den bevorstehenden Wahlversammlungen nicht auf den Grund der §§ 11 u. 28 des neuen Wahlgesetzes …, sondern nur auf den Grund einer speziellen Bewilligung des Bischofs und des Domcapitels rechtlich stattfinden kann. Im Einverständnisse mit dem hochwürdigen Domcapitel würde ich auch sofort diese Bewilligung zum Beweise meines besonderen Wohlwollens gegen die hiesige Bürgerschaft in der Voraussetzung eines allgemeinen Wunsches ertheilen, wenn nicht in dem katholischen Kirchenwesen wurzelnde Gründe mich nöthigten, den Stadtvorstand zu ersuchen, nochmals reichlichst zu erwägen, ob zu den bevorstehenden Wahlversammlungen nicht doch irgend ein anderes Local zu ermitteln sei als eine hiesige Kirche. Der Stadtvorstand wird bei dieser Erwägung gebührend ins Auge fassen, daß eine kath. Kirche als Gotteshaus, als geweihter, ausschließlich zum regelmäßigen Gottesdienste und zur Aufbewahrung des hochheiligen Altars-Sacramentes bestimmter Ort nicht benützt werden soll zu rein bürgerlichen und politischen Acten, namentlich wenn dieselben … Deputirten-Wahlverhandlungen, kaum mit der der Heiligkeit eines Gotteshauses gebührenden Ruhe und Stille stattfinden können, und die Besorgnis einer Entweihung der Kirche, worüber das kanonische Recht sehr strenge Bestimmungen enthält, nicht ganz ausschließen.
Sollte übrigens der Stadtvorstand ein passendes Local außer einer hiesigen Kirche schlechterdings nicht ausfindig machen können, so wird nach Maßgabe des hier beigelegenen Generalrescriptes des bischöflichen Ordinariats … dem beabsichtigten Gebrauche des Domes nach vorgängiger Anzeige bei dem hiesigen Stadtvorstande kein Hinderniß in den Weg gelegt werden.
Limburg, den 14. April 1848
+Peter Josef“
Der Stadtvorstand fand kein besseres Lokal, so dass tatsächlich zu drei Terminen die Urwählerversammlungen im Dom stattfanden, bei denen u.a. Bischof Blum zum Wahlmann bestimmt wurde. Die Aufgabe der Wahlmänner war, die Abgeordneten der Nationalversammlung zu wählen.
21.05.2023 

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