Volkstrauertag 2022: Krieg hat den Frieden verdrängt
Seit 1952 wird in Deutschland zwei Sonntage vor dem 1. Advent mit dem Volkstrauertag der Opfer der Kriege, von Gewaltherrschaft und Unterdrückung gedacht. Mit dem 24. Februar dieses Jahres ist der Tag kein Erinnern an vergangenes Leid oder von Krieg und Zerstörung in weiter Ferne mehr, mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ist der Krieg in Europa Gegenwart.
„Nie wieder Krieg! Mit dem Eindruck der schrecklichen Erfahrungen der beiden Weltkriege war dies über Generationen hinweg das fundamentale Ziel europäischer Politik: Frieden. Der Klang des Wortes hat sich verändert – es herrscht Krieg. Krieg in Europa. Seit dem 24. Februar 2022 ist die Welt nicht mehr die, die sie vorher war“, machte Bürgermeister Dr. Marius Hahn in seiner Begrüßung zur zentralen Gedenkfeier am Ehrenmal des Limburger Hauptfriedhofs deutlich.
„Von Berlin bis zur ukrainischen Grenze ist es genauso weit, wie von Berlin nach Brüssel. Leider zeigt sich hier die uneingeschränkte Berechtigung des Volkstrauertages als Friedensmahnung. Denn Krieg ist nicht Geschichte, Krieg ist auch im 21. Jahrhundert Realität“, unterstrich der Bürgermeister im Beisein von Landrat Michael Köberle, des Limburger Stadtverordnetenvorstehers Stefan Muth sowie weiterer Mandatsträgerinnen und Mandatsträger. Hahn rief dazu auf, in diesem Jahr im Besonderen an die Kriegstoten und ihre Angehörigen in der Ukraine, der vielen in den vergangenen Monaten gefallenen Soldaten und getöteten Zivilisten zu gedenken. Gleichzeitig forderte er, Solidarität mit denen zu zeigen, die von dem Krieg betroffen sind.
Schwerter zu Pflugscharen
Pastoralreferentin Katharina Kunkel von der katholischen Kirche erinnerte daran, dass Frieden, Wohlstand und Freiheit niemals selbstverständlich sind, sondern es tägliches Bemühen darum geben muss. Dass Krieg und Not so nahe an das eigene Leben in Deutschland heranrücken, hätte niemand für möglich gehalten. Das Bild der Endzeit aus dem Lukas-Evangelium, in dem kein Stein auf dem anderen bleibt, sei nähergekommen. Gleichzeitig nehme die Verrohung der Sprache, Antisemitismus und andere ausgrenzende und bedrohende gesellschaftliche Formen zu.
Der evangelische Pfarrer Markus Stambke forderte dazu auf, nicht der Schilderung aus dem Lukas-Evangelium das letzte Wort zu überlassen, sondern sich an der Vision des Propheten Micha aus dem Alten Testament zu orientieren und „Schwerter zu Pflugscharen zu machen“. „Das ist ein Auftrag für jetzt, danach zu leben und es umzusetzen“, so Stambke. Ausdrücklich gestand er der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung zu, doch auf Dauer schaffe Krieg keinen Frieden. „Wenn wir aufhören eine Vision zu haben, dann werden Kriege nur noch länger andauern“, machte er deutlich.
Die Gedenkfeier ergänzten die Schülerinnen Lara Daubenfeld (Marienschule) sowie Katharina Schmidt und Raquel Contreras(Tilemannschule) mit Gedichten, musikalisch umrahmt wurde die Feier vom Gesangverein „Eintracht“, das Trompetensolo vor der Kranzniederlegung spielte Johannes Kramer und das Totengedenken sprach Christian Textor, Hauptmann der Reserve.
Bürgermeister Hahn bedankte sich auch im Namen des Bundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge für die Ehrenwache durch eine Abordnung der Reservistenkameradschaft, die Teilnahme der Marinekameradschaft sowie den Vertreter des Kreisverbindungskommandos Limburg-Weilburg für das Niederlegen eines Kranzes.