Bürgermeister Dr. Marius Hahn erinnerte in der Gedenkveranstaltung, ausgerichtet von der Stadt Limburg gemeinsam mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeitet, an die „Diktaturgewöhnung“ nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der Terror habe sich zunächst gegen die Mitglieder der Kommunistischen Partei, anschließend gegen Vertreter anderer Parteien, dann gegen Juden und Behinderte gerichtet. „Unsagbares wurde damals plötzlich sagbar“, so Hahn. Am Ende dieser Spirale seien die Deportationszüge nach Auschwitz gerollt und die Mehrheit habe dazu geschwiegen oder mitgemacht.
Verpflichtung jedes Einzelnen
Dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe oder wegen ihres Glaubens diskriminiert oder bedroht werden, das sei auch heute leider wieder der Fall. Vor allen in den sozialen Netzwerken sei eine rechte Hetze zu finden. Worte werden zu Taten. Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Attentatsversuch in Halle sind nach Hahns Einschätzung die Folgen von Hass und Hetze. Er wies auf Artikel 1 des Grundgesetzes hin: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Hahn betonte, dass es nicht allein die Verpflichtung aller staatlichen Gewalt sei, diese Würde zu schützen und zu achten, sondern die Verpflichtung jedes Einzelnen. „Es ist Zeit, dies konsequent umzusetzen“, verdeutlichte Hahn.In der Gedenkveranstaltung, die musikalisch durch ein Streicher-Trio der Kreismusikschule (Lena Heun, Isabelle Schröder und Leonhard Kislik) begleitet wurde, mahnte Rabbiner Michael Jedwabny eine Versöhnung, einen wachsenden Ausgleich zwischen Opfern und Tätern an. Dabei verwies er auf das Versöhnungsfest Jom Kippur. Ein Fest zur Versöhnung mit Gott, aber auch zur Versöhnung des Menschen mit sich selbst und mit seinen Mitmenschen.
KZ-Nummer auf dem Arm
In der Veranstaltung vermittelten Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 der Peter-Paul-Cahensly-Schule (PPC) ihre sehr persönlichen Eindrücke von ihrer Fahrt nach Auschwitz und Krakau. Die Geschichte durch die Begegnung mit Zeitzeugen oder durch den Besuch von Tatorten wie dem Konzentrationslager Auschwitz zu erfahren, sei kaum zu ertragen gewesen: Auf Familienbilder von glücklichen Eltern mit lachenden Kindern zu blicken, die später systematisch ermordet wurden, vor einer Sammlung von Haaren zu stehen und zu wissen, dass die Frauen, zu denen sie gehörten, im KZ umkamen. Beeindruckend auch die zufällige Begegnung mit einem Zeitzeugen, der die jungen Besucher in Krakau nach ihrer Herkunft fragte und dann seinen Arm freimachte, auf dem noch seine KZ-Nummer zu lesen war.Sebastian Wendt begleitet als Lehrer die Fahrten, die die PPC-Schule nun bereits zum vierten Mal organisiert. Nach seinen Angaben gibt es ein großes Interesse der Schülerinnen und Schüler an der Gedenkstättenfahrt und an der Auseinandersetzung mit diesem Teil der deutschen Geschichte.