„Das ist ein Quantensprung in der Versorgung und unterstreicht, dass wir uns als Stadt bemühen, unserer Verantwortung gerecht zu werden“, verdeutlicht der 1. Stadtrat und Sozialdezernent Michael Stanke. „Wir werden noch eine Liege besorgen und die Grundausstattung für das Sprechzimmer stellen“, sagt Jessica Magnus, die als Sozialarbeiterin für die Stadt den Wohnsitzlosen zur Seite steht. Es gibt bisher schon eine medizinische Versorgung der Wohnsitzlosen, die über das Malteser Netzwerk aufgebaut wurde. Die medizinische Versorgung läuft über einen Arzt in Weilburg, der auch weiterhin zur Verfügung steht. Doch mit der Sprechstunde in der Rudolf-Schuy-Straße wird sich die Versorgung deutlich verbessern und kommt näher an die Patienten, davon sind Jessica Magnus und Michael Friedrich überzeugt.
Nicht nur für Bewohner
Offene Stellen am Körper, eitrige Wunden, vielfach aber auch Krankheitsbilder und -erscheinungen, die Folge von jahrelangem übermäßigem Alkoholkonsum sind. Achim Lauer kennt die Beschwerden der Menschen, die einen Großteil ihres Lebens auf der Straße verbringen, seit 16 Jahren ist er bereits in der Obdachlosenbetreuung in Wiesbaden aktiv. Dort sind viele seiner Patienten nicht mehr in einer Krankenkasse, dies erschwert die Versorgung. In Limburg ist die Quote derer, die noch eine Versichertenkarte haben, deutlich höher. Die anschließende Medikamentenversorgung ist somit gesichert. Die fällige Rezeptgebühr trägt das Walter-Adlhoch-Haus aus einem Gesundheitsfonds.Die Sprechstunde in der Rudolf-Schuy-Straße 8 ist nicht nur für die Bewohner der Einrichtung gedacht, sondern für alle Personen, die nicht krankenversichert sind oder sich in prekären Lebenssituationen befinden. „Wir wollen aber keine Insellösungen schaffen, sondern wollen ein Netzwerk an medizinischer Versorgung aufbauen“, verdeutlicht Achim Lauer. Deshalb gibt es auch Gespräche mit dem Landkreis, mit dem Ärztenetzwerk piano und anderen, die zur medizinischen Versorgung betragen. „Wir brauchen Fachärzte, die bei psychischen Erkrankungen weiterhelfen oder auch dann zur Verfügung stehen, wenn es drogeninduzierte Erkrankungen gibt“, so Lauer. Natürlich gehören in dieses Netzwerk nach Auffassung des Mediziners auch Apotheken, die Krankenhäuser und Sanitätsfachgeschäfte.
Aufsuchende Hilfe
„Wer kommt, der kommt“, sagt Lauer über seine Sprechstunde. Sein Vorbild ist das „Mainzer Modell“, das von dem Mediziner und Sozialpädagogen Dr. Gerhard Trabert initiiert und mit aufgebaut wurde. Das „Mainzer Modell der gesundheitlichen Versorgung von wohnungslosen Menschen“sorgt für ärztliche, pflegerische und sozialarbeiterische Hilfe im Rahmen von medizinischen Sprechstunden in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und Unterkünften für Geflüchtete. Mit dem „Arztmobil“, einer rollenden Ambulanz, werden in Mainz zudem wohnungslose Menschen auf der Straße aufgesucht.Aufsuchende medizinische Hilfe, das wird auch in Limburg angestrebt, macht Michael Friedrich deutlich. Ein „Arztmobil“ wird dazu nicht nötig sein. „Menschen mit besonderen sozialen Benachteiligungen haben eine hohe Hemmschwelle, um medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oftmals können sie auch keine Sprechstunden mehr aufsuchen“, verdeutlicht Friedrich die Problematik. Die aufsuchende Versorgung ist auf jeden Fall ein wichtiges Ziel.
Der Einstieg in eine verbesserte medizinische Versorgung soll zunächst einmal mit der Sprechstunde umgesetzt werden. Dabei kann Achim Lauer auf eine bewährte Kraft setzen. Christa Geier steht ihm als Arzthelferin zur Verfügung. Diese Aufgabe hatte sie schon in der Zeit seiner Praxis in Aarbergen übernommen. Nun setzt sie die Mitarbeit mit dem Mediziner in der Rudolf-Schuy-Straße fort.