„Alle Mühen haben sich gelohnt“, würdigte Bürgermeister Dr. Marius Hahn in Anwesenheit von Stadtverordnetenvorsteher Michael Köberle das Buch, dessen hohe Qualität durch die Verleihung des Preises unterstrichen werde. Rund 200 Manuskripte und Bücher waren eingereicht und von der Jury gesichtet und bewertet worden. Hahn dankte dem Gremium, das dem „Hans-im-Glück-Preis“ eine unverwechselbare Gestalt in der Literaturszene gebe. Der Preis, mit 3000 Euro und einer mit Blattgold versehenen Kugel dotiert, geht auf den Schriftsteller Hans-Christian Kirsch und seine Frau zurück. 1977 wurde er zum ersten Mal verliehen.
Den richtigen Ton getroffen
In ihrem Buch beschreibt Christina Erbertz ein Laufcamp für Jugendliche. Im Wald ist die Gruppe für drei Wochen untergebracht. Es gibt ein straffes Sportprogramm mit täglichen Orientierungsläufen, kleinen Missgeschicken, einer verbotenen Party und Teilnehmern, die ganz unterschiedlich sind: phlegmatisch oder sportlich, zurückhaltend oder sich in den Vordergrund spielend, geheimnisvoll und einsam. Und dann geschieht im Wald ein Vorfall, den Nele, sie bildet zusammen mit Nico die abwechselnden Ich-Erzähler, beobachtet. Doch was ist wirklich passiert? Es geht um die Frage der Wahrheit, darum, wer Grenzen überschritten hat.Christina Erbertz, die mit ihrer Familie in Berlin lebt, las einige Passagen aus ihrem Buch vor und gab damit einen Einblick in das preisgekrönte Buch und seine Geschichte. Das Ende ist offen, ganz bewusst, wie sie in einer von Nicole Frenken moderierten Runde im Anschluss an die Lesung in einer mit Schülerinnen und Schülern voll besetzten WERKStadt Lounge sagte. Ziel des offenen Endes sei es, Diskussionen hervorzurufen über Grenzüberschreitungen zwischen Jugendlichen und den verschiedenen Geschlechtern. Die Autorin hat dabei ganz offensichtlich die richtige Sprache gewählt, den richtigen Ton getroffen. Das bestätigten Angelina und Maura sowie Luis. Sie gehören zu einer achten Klasse der Tilemannschule, die in den Herbstferien das Buch las. Die Jugendlichen erkannten in dem Buch Themen und Probleme, die auch in ihrem Leben gerade eine wichtige Rolle spielen.
Die Begründung der Jury
Als Sprecher der fünfköpfigen Jury gab Dr. Stefan Hauck Einblick in die Kriterien der Bewertung und der Preisverleihung: „Das Buch muss etwas Besonderes haben, wenn es ausgezeichnet werden soll.“ Hauck ließ keinen Zweifel daran, dass „Fast (drei) perfekte Woche“ dieses Besondere hat: Es gehe um ein schwieriges Thema: Was ist Wahrheit? Das Buch trage verschiedenen Perspektiven Rechnung, lege falsche Fährten und spiele mit der subjektiven Wahrnehmung der erzählenden Figuren. Wiege sich der Leser in Sicherheit, komme es wieder zu überraschenden Wendungen.Die Jury begründet ihre Entscheidung, Christina Erbertz mit dem „Hans-im-Glück-Preis“ auszuzeichnen, auch mit der Erzählstruktur, mit den kurzen Kapiteln und den auf den Punkt gebrachten Dialogen mit dem Sinn für das Wesentliche. Dabei zeige die Autorin eine psychologisch einfühlsame Beobachtung zwischenmenschlicher Annäherung. Auch der Kunstgriff, die seltene Sportart Orientierungslauf als Motiv zu wählen, zeige sich in der Gesamtkonzeption als äußerst stimmig. (Die Meldung wurde am 30. Oktober korrigiert.)