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Datum: 15.01.2023

Archivalie der Woche 185

Friedensschluss und Bündnisverpflichtung

Die zweitälteste Urkunde des Stadtarchivs wurde am 27. Februar 1281 von Graf Gerhard IV. von Diez ausgestellt (Signatur: StALM Urk D 2). Darin wird festgeschrieben, dass der Graf und die Stadt Limburg Frieden schließen und ein Bündnis eingehen. Gerhard von Diez verpflichtete sich, der Stadt gegen jeden Feind mit Ausnahme des Königs beizustehen, die Limburger garantierten im Gegenzug, ihm bei jeder Fehde außer gegen die Herren von Limburg beizustehen. (Die Fehde im Mittelalter war eine legale und rechtlich geregelte Form der Austragung eines Konfliktes mit Gewalt.)
Sollten Limburger Bürger in Gefangenschaft geraten, verpflichtete sich Gerhard, auf ihre Freilassung hinzuwirken, ohne aber zur Zahlung eines Lösegeldes verpflichtet zu sein. Gleiches galt umgekehrt. Gegenseitige Hilfeleistungen wurden finanziell abgegolten. Darüber hinaus versprach der Graf den Limburgern Sicherheit in seinem Herrschaftsgebiet. Sollte er eine Fehde gegen den Herrn von Limburg führen, greift er nicht Eigentum der Bürger im Diezer Gebiet an. Die Stadt Limburg zahlte ihm jährlich eine Leibrente von 15 Mark.
Beglaubigt wurde die Urkunde durch die Siegel des Grafen, seines Schwiegervaters Gottfried von Sayn und seines Onkels Heinrich von Weilnau. Vom Diezer Siegel ist nur noch ein Fragment erhalten.
Der (von Josef Wingenbach übersetzte) Text der Urkunde lautet:
Ich Graf Gerard von Ditse wünsche, dass allen derzeit wie später Lebenden auf Grund vorliegender Niederschrift bekannt und gewiss sei: Da zwischen mir auf der einen und den Bürgern auf der anderen Seite Uneinigkeit und Zwietracht entstanden war und zwar so, dass wir über 140 Männer aus eben den Bürgern als der Acht verfallen erklärt hatten, haben wir beiderseits in freundschaftlicher Weise eine Regelung der Friedenserneuerung zustandekommen lassen und haben beiderseits beeidet, dass diese Regelung und Friedenserneuerung von mir und besagten Bürgern ohne Trug unverbrüchlich gehalten werden soll. Die Form des Friedens- und Eintrachtsvergleichs aber ist folgende:
Ich vorgenannter Graf vergebe ehrlich alle Ungerechtigkeiten, Uebeltaten, Beleidigungen und Schädigungen, die mir von besagten Bürgern zugefügt worden sind. Ueberall, wohin ich ohne Gefahr kommen kann, werde ich nicht versäumen, auf eigene Kosten genannten Bürgern nach Möglichkeit Hilfe zu bringen gegen alle, die sich unterfangen, sie ungerecht zu beschweren mit alleiniger Ausnahme unseres durchlauchtigsten Königs, indem ich auch Verlust ertrage, wenn mir oder den Meinen solcher aus dieser ihnen geleisteten Hilfe erwächst. Dazu haben sich mir auch umgekehrt die genannten Bürger in gleicher Weise ebenfalls verpflichtet, nämlich dass sie mir auf Zeit meines Lebens überall, wohin sie ohne Gefahr kommen können, auf eigene Kosten nach Möglichkeit Hilfe leisten gegen alle, die sich unterfangen, mich ungerecht zu beschweren mit alleiniger Ausnahme auf ihrer Seite nur ihres Herrn von Lympurch, dazu mit der Verpflichtung, wenn ich es benötige und sie freundschaftlich ersuche, auch Verlust zu ertragen, falls ihnen solcher aus der mir von ihnen geleisteten Hilfe erwächst, jedoch unter Belassung einer ausreichenden Zahl von Bürgern in Lympurch nach ihrem Ausmarsch, die besagte Stadt nötigenfalls hinreichend bewachen und verteidigen. Wenn aber besagte Bürger bei mir und den Meinen in Gefangenschaft geraten oder irgendwie bedrängt werden, was fern sei, so will ich vorgenannter Graf mich mit allen Kräften, doch ohne Gold und Silber für sie, die Bürger, getreulich einsetzen wie für meine Burgleute, dass sie von solcher Gefangenschaft oder Beschwer ganz befreit werden, was umgekehrt die genannten Bürger auch mir zu tun versprochen haben. Wen ich aber Gefangene mache durch Vermittlung eben der Bürger, so will ich ihnen, sofern die Kriegshandlung sie selbst angeht, jene Gefangenen ohne jeden Widerspruch ausliefern, was sie im umgekehrten Fall auch mir tun werden. Wenn aber Leute aus unseren Freunden, nämlich von meiner oder ihrer Seite in Gefangenschaft geraten, was fern sei, so wollen wir, wie versprochen, nach Möglichkeit die Gefangenen dieser- oder dortigerseits befreien. Ich verspreche überdies, mit den Gefangenen an jeder Verhandlung bzw. an allen Hubengerichtstagen genannter Bürger, die für sie in meinem Territorium bzw. in meinem Gebiet anberaumt sind, unter Aufwand eigener Mühen und eigener Kosten freundschaftlich teilzunehmen, wo nur immer genannte Bürger es nötig haben und mich darum ersuchen. Bitten mich aber besagte Bürger, für sie oder mit ihnen an eine Stelle außerhalb meines Gebietes zu ziehen, alsdann werden sie mir an jedem Tag bzw. innerhalb eines Tages und einer Nacht solange ich für sie tätig oder beansprucht bin, eine Mark an schuldiger Bezahlung zu den Auslagen geben, ob ich nun solche in geringem oder großem Umfang habe. Desgleichen sollen besagte Bürger insgesamt und jeder einzelne in allen meinen Gerichtsbarkeiten von meiner und meiner Leute Seite vollen Frieden haben wie meine Burgleute oder Menschen, die mir vollrechtlich unterstehen, ihre Güter dürfen von mir oder meinen Beamten in keiner Weise durch Wegnahme beschlagnahmt werden; eine gerechte Beschlagnahme jedoch, falls eine solche von Rechts wegen erfolgen müsste, soll ihnen vorher gebührend mitgeteilt werden. Weiterhin: welcherlei Uneinigkeit oder Zwietracht auch zwischen mir und dem Herrn von Lympurch oder irgendwelchen andern Adligen entstehen mag, ich erwähnter Graf und meine Leute werden die Höfe oder Güter besagter Bürger in Dörfern oder Feldern allenthalben in meinem Territorium nicht verwüsten durch Brandlegungen oder Plünderungen; das werden umgekehrt besagte Bürger auch mir und den meinen gewähren. Aber vorgenannte Stadt, die Gärten mit ihren Umfriedungen, die gemeinhin tyngelin heissen, und all ihr angrenzendes Gebiet werden sie nach Kräften verteidigen können, ohne dass obiger Vergleich dem irgendwie entgegensteht. Damit aber das alles in Geltung bleibe und von mir wie vorgenannten Bürgern unverbrüchlich gehalten werde, so werden besagte Bürger mir auf Lebenszeit jedes Jahr innerhalb 14 Tagen nach Martini 15 Mark gesetzlicher Pfennige zu Lympurch durch rechte Bezahlung entrichten. Die genannten Pfennige aber bzw. Einkünfte werde ich keiner anderen Person oder keinen anderen Personen an meiner Stelle zuweisen oder darf sie aus Lehnsvergünstigung zuteilen, sondern wer besagtes Geld bzw. besagte Einkünfte jedes Jahr innerhalb der festgesetzten Frist von meiner Seite durch offenen Brief einfordert, der soll obengenannte Einkünfte ohne Widerspruch von besagten Bürgern erhalten. Außerdem werden genannte Bürger mich in meinen Rechten und Ehren fördern, erhalten und nicht behindern; umgekehrt werde ich sie alle und jeden einzelnen in allen ihren Rechten und Ehren fördern, erhalten und nicht behindern. Gegeben im Jahr des Herrn 1281 am 27. Februar. Alles dessen zum Zeugnis, zur Erinnerung und gehöriger Bekräftigung habe ich mein Siegel wie auch die Siegel der edlen Männer, nämlich des Grafen Gotfrid von Seyna meines Schwiegervaters und des Herrn Heinrich von Wilenawe meines Oheims an vorstehender Urkunde anbringen lassen.

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