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Datum: 20.11.2022

Ausländerbeiräte: Antragsrecht - Fluch oder Segen

Der Ausländerbeirat Limburg hat mit der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (agah) gemeinsam mit der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) am Freitag den 18.November 2022, zur Diskussion in die Stadthalle Limburg geladen. 

Volker Igstadt, Präsident des Verwaltungsgerichts Kassel a.D., und Enis Gülegen, Vorsitzender der agah, sprachen als Gastredner. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, ob Ausländerbeiräte in ihrem Antragsrecht inhaltlich beschränkt werden dürfen.
Begrüßt wurden die Besucher von Mustafa Yüce, Vorsitzender des Ausländerbeirats Limburg: „In Limburg haben wir Mitbürger aus 120 Ländern. Jeder dritte Limburger hat Migrationshintergrund in der Familie. Mit voller Hoffnung und Überzeugung setzen wir uns für diese Menschen ein. Es ist eine zu große Zahl, um ignoriert zu werden. Wir arbeiten gezielt, dass die Probleme oder Wünsche und Angelegeheiten wahrgenommen werden. Wir stehen manchmal nicht für populäre Themen. Jedoch empfinden wir uns genau in dieser Brückenfunktion um vermitteln zu können. Und einige aus dem Ausländerbeirat werden sicherlich ihren Platz in der Zukunft in den Städischen Gremien wiederfinden.“
In seinem anschließenden Eröffnungsvortrag fand Volker Igstadt deutliche Worte zum Thema Antragsrecht: „Eine inhaltliche Einschränkung des Antragsrechts der Ausländerbeiräte lässt sich rechtlich nicht begründen.“ Er appellierte eindringlich an die Mitglieder der Ausländerbeiräte, grundsätzlich von einem uneingeschränkten Antragsrecht auszugehen. Dies ergebe sich aus der einfachen Überlegung, dass es zwar Themen gebe, die nur Ausländerinnen und Ausländer beträfen, jedoch keine Themen, die Ausländer nicht beträfen. Werde das Antragsrecht der Beiräte in Frage gestellt, lohne es sich, so Igstadt, Widerspruch einzulegen. So würden positive Präzedenzfälle geschaffen, auf die sich Ausländerbeiräte später berufen könnten.
Enis Gülegen griff in seinem Vortrag die Einführung der Integrationskommissionen sowie den Entwurf der Hessischen Landesregierung über das „Gesetz zur Verbesserung der Integration und Teilhabe und zur Gestaltung des Zusammenlebens in Vielfalt“, kurz Integrationsgesetz, auf. Integrationskommissionen leiden, so Gülegen, unter einem demokratischen Defizit: Anders als die Ausländerbeiräte werden sie nicht direkt gewählt. „Integrationskommissionen haben schon vor 50 Jahren nicht funktioniert. Seit 50 Jahren bewährt und als beständig erwiesen haben sich: Ausländerbeiräte“, so die abschließende Bewertung des agah-Vorsitzenden. Insgesamt lasse sich eine Tendenz erkennen, die Ausländerbeiräte schwächen zu wollen. Diese Tendenz komme auch im aktuellen Entwurf des Integrationsgesetzes zum Ausdruck. Gülegen kritisierte den Umstand, dass die Ausländerbeiräte im Gesetzentwurf nicht genannt würden. Stattdessen würden Aufgabenbereiche definiert, die aber vollständig dem Profil des Landesausländerbeirats entsprächen: „Soll damit eine Hintertür offengehalten werden, die Ausländerbeiräte übergehen zu können?“ Er kommentierte mit Verweis auf die Stellungnahme der agah zum Integrationsgesetz: „Ein Gesetz zur Verbesserung der Integration, das kein Wort zur politischen Partizipation von Migrant*innen enthält, verdient seinen Namen nicht.“
Das Fernbleiben kommunaler Politikerinnen und Politiker bei der Veranstaltung bedauerte Gülegen: „Hier wird ganz offensichtlich der Diskurs mit uns gescheut. Kann es sein, dass fehlende Argumente dafür ausschlaggebend sind?“
Die anschließende Diskussion bestätigte die Relevanz der angesprochenen Themen. Besonderen Widerhall fand die rechtliche Einschätzung Igstadts zum uneingeschränkten Antragsrecht. Deutlich wurde auch der Wille, die Möglichkeiten direkter politischer Partizipation von Migrantinnen und Migranten auszubauen.

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