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Datum: 07.03.2020

Altstadt hat nun einen Dr.-Schirmacher-Platz

Sie prägen seit Jahrhunderten die Silhouette Limburgs: Der Dom mit dem Domberg, das Schloss und vor allem die Altstadt. Malerisch stehen sie da, die über 300 Fachwerkgebäude, darunter auch einige Steinhäuser, und bilden ein Ensemble, das jährlich hunderttausende von Besuchern anzieht. Doch das war nicht immer so. Abrisspläne, Vorschläge für eine zweispurige Zufahrstraße über Plötze und Fischmarkt oder die Idee eines großen Parkplatzes vor dem Dom standen im Raum. Dass alles anders gekommen ist, ist einer Person zu verdanken: Dem Architekten Dr. Ernst Schirmacher, der nach einer Hormontherapie zur Frau seinen Namen in Hildegard Elisabeth Schirmacher änderte und 2015 im Alter von 90 Jahren gestorben ist.

Fünf Jahre nach Schirmachers Tod wurde am heutigen Samstag (7.3.2020) der Platz mit der Statue „Die Tanzenden“ zwischen Rütsche und Fahrgasse in Dr.-Schirmacher-Platz benannt. Der Ortsbeirat Innenstadt mit der Ortsvorsteherin Siggi Wolf veranstaltete die Enthüllung des (Straßen-) Namensschildes, der ein Gedenkgottesdienst im Limburger Dom vorausging. „Damit wollen wir die Verdienste von Schirmacher würdigen und auch daran erinnern, wie schön unsere Altstadt ist“, sagte Wolf. Beschlossen wurde die Benennung im August 2019 durch den Ortsbeirat.

„Schirmacher hat Weitblick bewiesen. Ohne ihn wäre die Altstadt nicht das, worauf wir heute stolz sind“, sagte Bürgermeister Dr. Marius Hahn und betonte, dass Schirmacher ein Mensch mit Format und Stil gewesen ist.

Das Erkennen des historischen Erbes und die damit verbundene politische Weichenstellung unter Bürgermeister Josef Kohlmaier ist die Grundlage für eine erfolgreiche Sanierungsgerichte gewesen. „Schirmacher hat gezeigt, welchen Schatz wir hier haben. Die Altstadt ist eine Bereicherung“, sagte Hahn.

Auch Sohn und Enkel waren bei der Einweihung dabei

Auch Schirmachers Sohn Mathias, sein Enkel Stephan und seine Schwiegertochter waren zur Einweihung gekommen. „Mit der Namensgebung Dr.-Schirmacher-Platz geben wir Herrn / Frau Dr. Schirmacher ein würdiges Andenken und diesem Platz einen würdigen Namen“, sagte Mathias Schirmacher sichtlich gerührt.

Er erinnerte sich, wie sein Vater in den Fünfzigerjahren an seiner Dissertation über die Baugeschichte Limburgs schrieb, die mit Auszeichnung bewertet wurde. „Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich immer leise sein musste, wenn er im Wohnzimmer an seiner Doktorarbeit gearbeitet hat“, sagte Mathias Schirmacher. Heute wohnt er in dem Haus“ am Domplatz 5 - die „alte Scholasterei“ - das sein Vater in den Siebzigerjahren kaufte und sanierte.

Ernst Schirmacher setzte im Umgang mit historischer Bausubstanz Maßstäbe. Das Besondere an seiner Arbeit war, dass er alte Städte als Ganzes betrachtete, als Gefüge und nicht als einzelne Baudenkmäler. Sohn Mathias Schirmacher präzisierte diesen Gedanken: „Die Altstadt, der Dom und Burg (Schloss) formen das Gesamtbild dieser Stadt und bilden eine unverrückbare Einheit. Nun gilt es diese Einheit und dieses Gesamtbild zu bewahren.“

Beweis für Schirmachers Können als Architekt war auch die Goldplakette im Bundeswettbewerb „Stadtgestalt und Denkmalschutz“ im Jahre 1978. Für den Wiederaufbau von sechs Fachwerkhäusern am Frankfurter Römerberg wurde Schirmacher mit dem „Prix Europeen de la Reconstruction de la Ville“ ausgezeichnet. Die Stadt Limburg hat ihre Anerkennung 2004 mit der Verleihung der Ehrenplakette zum Ausdruck gebracht.

Ende der Sechzigerjahre begann Schirmacher seine Arbeit in Limburg

Die Arbeit in Limburg begann Schirmacher Ende der Sechzigerjahre und legte 1970 ein Gutachten zur Sanierung der Altstadt vor. Schirmacher war unter anderem verantwortlich für die Fassade des „Steinernen Hauses“ am Fischmarkt 1 und 2 und der Fachwerkfassade des Hauses Rütsche 7 bis 9. Auch bestand jahrelang einen Beratervertrag mit der Stadt Limburg.

Bis zum Ruhestand widmete sich Schirmacher Sanierungsprojekten in der Altstadt, eine schwierige Aufgabe, denn dazu gehörten nicht nur Bestandsaufnahmen und Pläne, sondern vor allem auch Überzeugungsarbeit bei den Bauherren.

Schirmacher wurde am 31. August 1924 in Stuttgart als Ernst Schirmacher geboren. 73 Jahre hatte dieser Name Bestand, dann wurde er nach einer Hormontherapie in Hildegard Elisabeth geändert. Viele Umzüge bedingt durch den Beruf des Vaters als Zollbeamter prägten Schirmachers Kindheit und Jugend. Nach der Teilnahme am Zweiten Weltkrieg studierte Schirmacher in den Vierzigerjahren an der Technischen Hochschule Darmstadt Architektur. Nach dem Diplom im Jahre 1951 folgte die erste Stelle beim Staatsbauamt in Frankfurt. Ein Jahr später heiratete Schirmacher seine Frau Charlotte Gräf (sie starb 1987) und wurde Vater eines Sohnes.

Erster großer Auftrag war Sprungbrett für Sanierung alter Städte

1963 machte sich Schirmacher selbstständig, sein erster großer Auftrag war der Neubau eines 500-Betten-Krankenhauses in Euskirchen in der Eifel. Das Projekt war das Sprungbrett für seine eigentliche Idee - Alte Städte planen und Altstädte sanieren - die er erstmals in Bebra umsetzen konnte. Seine Handschrift findet sich aber in vielen weiteren Orten und Projekten, beispielsweise in Aschaffenburg, Bad Camberg, Bad Homburg, Hachenburg, Idstein oder Montabaur.

Schirmacher engagierte sich auch ehrenamtlich für die Limburger Altstadt, leitete den Förderverein des Limburger Schlosses und hatten den Vorsitz im Limburger Denkmalschutzbeirat inne.

Ein Sturz auf der großen Domtreppe führte zu gravierenden Verletzungen und beendete das bis dato sehr aktive Leben Schirmachers. Drei Jahre lang, bis zu ihrem Tod am 7. März 2015, war sie auf Betreuung und Pflege angewiesen.

Änderungshinweis vom 9.3.2020: Schirmacher hat sich keiner Geschlechtsumwandlung unterzogen. Er hat sein Äußeres nur durch das Einnehmen von Hormonen verändert, um dadurch seinem wahren Wesen ein Gesicht zu geben.

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