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Datum: 26.01.2020

Holocaust-Gedenktag: Es ist eine Pflicht immer wieder die Namen der Opfer zu nennen

Die Stadt Limburg, die jüdische Gemeinde und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit veranstalteten am heutigen Sonntag, 26. Januar, eine Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag auf dem jüdischen Friedhof.

Sie hießen Raphael Felix und Johanna Löb, wohnten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Staffel, arbeiteten als Viehhändler und hatten einen Gemischtwarenladen. Zwischen 1900 und 1906 wurden den beiden sechs Kinder geboren, von denen zwei sehr früh starben. Der älteste Sohn Emil war aktiver Feuerwehrmann, Tochter Hedwig und Sohn Julius machten eine kaufmännische Lehre und die Jüngste, Frieda, arbeitete als Hausangestellte.

Wegen ihres jüdischen Glaubens haben sie erlebt, was 184 weiteren Limburger ebenfalls widerfahren ist: Sie wurden Opfer der Nationalsozialisten und ihres Regimes. 142 dieser Menschen wurden wegen ihres jüdischen Glaubens ermordet, gefoltert, verfolgt, in den Tod getrieben, 48 weitere, weil sie aus anderen Gründen nicht in das Weltbild der braunen Machthaber passten.

Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker erzählte anlässlich der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag am Sonntag, 26. Januar, auf dem Jüdischen Friedhof in Limburg vom Schicksal der Familie Löb und machte daran die Schrecken der NS-Zeit deutlich. Seit 2015 erinnern Stolpersteine vorm dem Haus am Rathausplatz 26 an die Familie.

Der Internationale Holocaustgedenktag ist am 27. Januar und erinnert an die Befreiung der letzten noch lebenden Häftlinge im Vernichtungslager Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Soldaten der Roten Armee. 1996 wurde dieser Jahrestag zum deutschen und 2005 zum internationalen Holocaust-Gedenktag erklärt. 2020 jährt sich die Befreiung zum 75. Mal. Die Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof war eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Limburg, der jüdischen Gemeinde und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Die beste Hilfe gegen Völkerhass ist Erinnerung“, sagte Elena Kopirovskaja, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Limburg. Sie machte aber auch deutlich, dass das Leugnen des Holocausts dieses Erinnern erschwere. Rechtsextremismus und Antisemitismus seien ein gesellschaftliches Problem. Daher seien alle dazu aufgerufen, die Erinnerung wach zu halten und zu zeigen, dass Frieden und Wohlstand nicht selbstverständlich sind.

Bürgermeister Dr. Marius Hahn betonte, dass es niemals einen Schlussstrich im Gedenken geben dürfe, denn die industriemäßige Menschenvernichtung der Nationalsozialisten stelle alles bis dahin Dagewesene in den Schatten. Kein anderes Terrorregime in Vergangenheit und Gegenwart habe jemals derartige Fabriken des Todes eingerichtet. Daher halte er es für eine Pflicht, immer wieder die Namen der Opfer zu nennen und sich vor Augen zu führen, dass sie unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger waren. Dies geschehe nicht nur durch Gedenkfeiern wie diese oder die am 9. November, sondern auch durch die 108 Stolpersteine in der Stadt Limburg, Aufklärungsarbeit in Schulen oder auch mit der Vortragsreihe „Hadamar-Gespräche – Zu Medizingeschichte, Nationalsozialismus und den Folgen.

„Wir sind froh und dankbar, dass in unserer Stadt wieder ein jüdisches Leben erblüht ist und damit angeknüpft wird an eine ins Mittelalter zurückreichende Tradition“, sagte Hahn. Das alles sei jedoch kein Grund, sich zufrieden zurückzulehnen, denn die Arbeit sei noch nicht getan. Es gebe noch viel zu tun, zur Erforschung der Vergangenheit und in der Sorge um die Zukunft „Wir alle stehen in der Pflicht, Hass und Gewalt heute mit aller Entschiedenheit eine Absage zu erteilen. Unser Staat wird momentan auf allen Ebenen von rechts bedroht. Dem müssen und dem werden wir uns entgegenstellen“, sagte Hahn.

Eingebettet in das Gebet „Gott voller Erbarmen“ verlas Jonatan Armani die Namen der jüdischen Opfer aus Limburg. Die Namen der nicht jüdischen Opfer verlas Birgid Eisenbach. Im Anschluss daran sprach der frühere Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Jörg Rücker ein weiteres Gebet.

Diana Hörle als Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit erzählte bei der Gedenkfeier sichtlich bewegt von ihrer eigenen Familie. Ihr Vater war vier Jahre lang im Konzentrationslager in Buchenwald, ihre Mutter durchlief verschiedene Arbeitslager. „Beide haben überlebt, aber ihnen wurde die Würde und das Bürgerrecht genommen“, sagte Hörle. Sie dankte allen Anwesenden für ihr Kommen: „Jeder Einzelne von Ihnen bürgt mit der Hoffnung, dass sich der Holocaust niemals wiederholt.“

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