Dr. Christoph Waldecker: Der Domfriedhof im Wandel der Zeit
Seine Toten zu ehren und einen Ort der Trauer zu schaffen – das ist zutiefst menschlich. Religiöse Traditionen und Vorstellungen spielten dabei schon immer eine wichtige Rolle. Im Mittelalter hatten die Menschen den Wunsch, ihre letzte Ruhestätte dicht beim Altar zu finden, so dass sich viele hochgestellte Persönlichkeiten in den Kirchen beisetzen ließen und für die einfachen Leute die Friedhöfe um die Gotteshäuser herum angelegt wurden.
So war es auch in Limburg. Der städtische Friedhof befand sich unmittelbar an der Stiftskirche, die auch Pfarrkirche war und die heute unser Dom ist. Der heutige Domplatz diente komplett als Gräberfeld, ebenso das Gelände an der Nordseite. Wenn die Limburger zur Messe gingen, kamen sie so an den Gräbern der Vorfahren vorbei und gedachten ihrer.
Zum 1331 erstmals erwähnten Friedhof gehörte auch das Beinhaus, das sich in der Michaelskapelle befand und als solches erstmals 1359 erwähnt wird. Die Kapelle wurde erstmals in einer Urkunde von 1280 erwähnt.
Limburg wächst und braucht mehr Begräbnisplätze
Heute kommt uns die Fläche des Friedhofs recht klein vor, doch müssen wir berücksichtigen, dass Limburg in früheren Jahrhunderten weniger als 2000 Einwohner hatte und an der Grabenstraße endete. Im Laufe der Zeit begann die Stadt aber zu wachsen, somit stieg auch der Bedarf an Begräbnisplätzen an. Schon Anfang des 19. Jahrhunderts drohte der vorhandene Platz an seine Grenzen zu stoßen. Dies erkannten auch die übergeordneten Behörden. 1817 forderte die herzogliche Regierung den Stadtschultheiß Franz Grimm auf, Vorschläge zur Vergrößerung des Friedhofs vorzulegen.
In der Folgezeit wurde über Alternativen zum bestehenden Friedhof diskutiert, so wurde etwa eine Verlegung in Richtung des heutigen Blumenrod, entlang der Frankfurter Straße oder in den Bereich der heutigen Parkstraße erwogen.
Domfriedhof wird erweitert
1833 unterstrich der Bürgermeister, die Bevölkerung wolle weiterhin den bestehenden Begräbnisplatz nutzen und erwirkte 1834 eine Erweiterung, nachdem bereits 1833 der Kirchenvorstand in einem Schreiben an den Gemeinderat darauf hingewiesen hatte, dass die Platzkapazitäten bald erschöpft seien. Die Petenten legten zwar dar, dass eine Wiederbelegung von mindestens 20 Jahre alten Gräbern rechtens sei, „dagegen Bedenken der Pietät um so erfolgreicher geltend gemacht werden können, als durch eine Erweiterung des Kirchhofs derselben Rechnung getragen u. der herannahenden Verlegenheit abgeholfen würde“. Die Stadt erwarb zu diesem Zweck das baufällige Stiftshaus im Bereich des heutigen Eingangstores mit den dazu gehörenden Gartenstücken sowie die westlich angrenzenden Gärten. Das Gebäude wurde abgebrochen, außerdem wurde das eiserne Gittertor aus der Stadtkirche dort angebracht. Es wurde eine neue Friedhofsmauer errichtet, die bis zum Dom reichte.
Für wenige Jahrzehnte reichte nun der Platz, doch dann war die Begräbnisfläche endgültig zu klein. Die Stadtbevölkerung war im Laufe des 19. Jahrhunderts stark angewachsen, von rund 2000 um das Jahr 1800 auf 4100 1864 und 5700 1880. In den Jahren danach stieg die Bevölkerungskurve immer stärker an, bis 1906 die 10.000-Marke übersprungen wurde. Die Liegezeit betrug laut einer Zeitungsnotiz in den 1880-er Jahren nur noch elf Jahre, ehe das Grab neu belegt werden musste.
Ende des 19. Jahrhunderts wird ein neuer Friedhof geplant
So wurde ein neuer Friedhof geplant. Ein passendes Gelände fand sich in der Unterheide. Im Juli 1882 wurde der Friedhof erstmals genutzt – der erste dort bestattete Mensch war die 43-jährige Anna Schlitt, die Ehefrau von Bürgermeister Andreas Schlitt.
Der Friedhof am Dom wurde weiter genutzt, die Familiengräber noch immer belegt.
Anlass zu Diskussionen gaben schon im 19. Jahrhundert die Öffnungszeiten des Friedhofs, die offenbar nur kurz waren. In der damaligen Lokalzeitung, dem Amtsblatt für Limburg, Diez und Runkel, wurde am 10. August 1856 öffentlich die Frage gestellt: „Warum ist der Kirchhof so selten und nur wenige Stunden geöffnet, so dass es fast kaum mehr möglich ist, die Gräber seiner Angehörigen zu besuchen?“ Trotz des Protestes schien sich daran nichts geändert zu haben, denn 1892 beschlossen die Stadtverordneten ausdrücklich, den Friedhof während der Sonntagsgottesdienste offen zu halten. Dass es dazu einen Beschluss brauchte, lässt annehmen, dass die Öffnungszeiten nur kurz waren.
Domfriedhof wird in den 60er Jahren in Grünanlage umgestaltet
Im Zweiten Weltkrieg wurde auf dem Friedhofsgelände ein Löschteich angelegt, der 1963/64 zugeschüttet wurde. Teile seiner Umrandung wurden nun bei den Bauarbeiten wiedergefunden. 1965 erfolgte die Umgestaltung des Geländes in eine Grünanlage.
Wenigstens zweimal wurde der Friedhof auch in Kampfhandlungen einbezogen. Als es 1795 in und um Limburg zu Kämpfen zwischen französischen und österreichischen Truppen kam, wurde ein Kreuz auf dem Friedhof durch Geschützfeuer beschädigt. Wesentlich schlimmer waren die Auswirkungen der Schüsse, die jemand vermutlich vom Friedhofsgelände auf die vorrückenden amerikanischen Truppen auf der anderen Seite der Lahn abgab. Diese feuerten massiv zurück, trafen den Dombunker und töteten dabei 9 Menschen.
Viele bedeutende Personen sind auf dem Domfriedhof begraben
Viele bedeutende Personen der Stadtgeschichte fanden hier ihre letzte Ruhestätte. Beispielhaft verweise ich hier auf das Grab von Peter Paul Cahensly, des bedeutenden Kaufmanns und Politikers, der 1923 starb. Die wenigen noch verbliebenen Grabsteine sind ein steinernes Zeugnis der Stadtgeschichte, die zu erhalten und zu pflegen uns Verpflichtung sein muss.